Gunter Nitzsche wurde 1936 geboren, war nach Studium und Promotion 1960-1998 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Abteilungsleiter am Wissenschaftlich-Technischen Zentrum für Schweinezucht Teltow-Ruhlsdorf. Nitzsche ist seit 1993 Leiter des Deutschen Schweinemuseums in Ruhlsdorf.
So. 10.9.:
Früh an der Mauer zu Teltow-Seehof, welch ein Gegensatz. Zum Mittagessen sind wir bei Helgas Cousin Rudi Knitter und seiner netten Frau in Friedenau eingeladen. Es sind freundliche Leute. Er ist Ofensetzer, hat wegen des Trends zur Gasheizung nicht sehr viel zu tun. Sein Hobby ist die Malerei, gegenständlich und etwas unfertig.
Ein Rundgang über den Walter-Schreiber-Platz und die Steglitzer Schloßstraße schließt sich an. Die Steglitzer Kunsttage bedeuten: Zwischen verschiedenen Waren sind Gemälde, Zeichnungen ausgestellt, teilweise richtig versteckt. Rudi äußert sich kritisch über die fehlende Förderung der Künstler und über den großen Einfluß der Kunsthändler und Galerien.
Viele Menschen bummeln heute durch die Geschäftsstraße. Es ist herrliches Spätsommerwetter.
Nach dem Kaffee mit Apfelstrudel und Schlagsahne brechen wir dann auch bald wieder auf. Auf der Heimfahrt machen wir am Friedhof Steglitz Halt, um das Grab von Fritz Wegner, Mariechens Mann, zu gießen. Sie hatte ihn spät geheiratet und viel unter seiner patriarchalischen Art gelitten.
Die gestrige Öffnung der Grenze für die vielen DDR-Flüchtlinge in Ungarn, wird weidlich journalistisch ausgeschlachtet. Eine Geste der Menschlichkeit? Eher wohl auch ein Akt des Anschlusses an die "freie Welt", gegen das Einsperren von Menschen, die Mißachtung von Menschenrechten.
Das wird die DDR-Führung sehr übelnehmen. Sie hat doch die alleinige "Obhutspflicht" für jeden von uns, mehr noch, sie nimmt uns Denken und Entscheiden ab, hält uns unmündig und läßt uns nicht über unsere Angelegenheiten selbst entscheiden. Alles im Auftrag des Sozialismus, der uns außer sozialer Sicherheit nichts bringt, außer täglicher Not in den vielen Annehmlichkeiten und Rückständigkeit auf fast allen Gebieten. Das sieht man erst hier wieder ganz deutlich. Das Leben hier ist nicht unkompliziert, man muß sich fleißig rühren und kämpfen, aber es bietet eine hohe Intensität und viele Möglichkeiten.
Am Kudamm essen wir ein Würstchen und trinken ein Bier bei einer Imbißbude.
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